Deutsche Meisterschaft der Junioren 2001 in Jena Schöngleina

mit Alexander Friedl (AX) aus der Sicht des Rückholers (Martin Dinges)

Montag 16.7.2001

Beginn der Trainingswoche. Regenwetter und Kulturausflug nach Naumburg mit Alex.

Am 19.7. Kurzer Trainingsflug

Die Bayernmannschaft hat das Regenwetter zu Hause abgewartet. Dann kamen die Fachleute für Wettbewerbsgestaltung: Clemens Zahn, der Vater von Christoph (6M), Fritz, Opa von Christian Mäx (MO) und die Mutter von Michael Streit (MS) brachten ihre Wohnwagen und ein respektables Zelt mit, das mit Tischen, Bänken und Kühlschrank bestückt, die Bayernmannschaft beherbergen soll. Bernd (4E) und Susanne parken ihr Wohnmobil gegenüber. Clemens richtet im Zelt sofort die Küche ein, was eine gute Versorgung erahnen lässt. Die Nachbarn stammen aus Winzeln bei Rottweil, was unschwer an einem überflüssigen Ortsschild in 4 m Höhe erkennbar ist. Sie sorgen für eine GEMA-verdächtige Rundumbeschallung und sind arg verspielt. Der Löschwasserteich sieht aus wie ein Schwimmbad und kann nach Wunsch benützt werden.
Die Wettbewerbsleiterin Uschi Wötzel moniert die großzügigen Abstände zwischen den abgestellte Hängern. Wie soll das noch werden, wenn die restlichen 20 Flugzeuge kommen! Insgesamt werden es 65 Teilnehmer sein.

20.7.2001

Natürlich löst man das Problem, indem alle neu ankommenden Flugzeuge die Reihe verlängern. Das Gelände des Flugplatzes ist riesengroß, für uns Geitauer geradezu unvorstellbar breit. Die Hänger müssen aber offenbar eng gestellt werden. Vielleicht sollen die künstlich behinderten Piloten und Rückholer so zur Kooperation angehalten werden.
Alex fliegt mit seinem Freund und Konkurrenten Christoph bei schwachem Wetter und starkem Wind zu einem Trainingsflug ziemlich beherzt davon. Im Funk können wir mithören, wie Christoph landet während Alex in niedriger Höhe das Ärgste überdauert. Nach längeren Umwegen erreicht er den Platz. Verschämte Freude beim Piloten Alex und bei mir, dem (Nicht-) Rückhohler. Michael Seischab, der Landestrainer der Bayern, bespricht mit seinen Piloten alle taktischen Überlegungen zu Cats Craddle und Assigned Area Task. Die Ratschläge, so scheint es mir, müssten eigentlich für zwei bis drei Wettbewerbe langen. Clemens kocht mit fachmännischem Können und mit Geduld. Gutes Benehmen unsererseits vorausgesetzt, stehen uns gute Tage bevor.

21.7.2001

Um 9 Uhr bereits Briefing für den sogenannten Pflichttrainingstag. In der Nacht gab es Wind, Regen und dichte Bewölkung. In der herzlichen und kurzen Eröffnungsfeier wurden die Helfer und Organisatoren vorgestellt. Gute Stimmung und hohe Professionalität angesichts von 65 Individualisten. Oder sollten sie sich als Halbchaoten erweisen?
Der Meteorologe Richard Heinrich (Richie) von der LMU München verspricht Auflockerung mit Steigen bis 1.5 m/s. Die Aufgabe ist eine Area Task mit 6 Wendepunkten über 2 Stunden.
Aufstellung der Flugzeuge und Schleppbetrieb auf 600 m. Mit 8 Wilgas ist das Feld in weniger als einer Stunde oben!
Alex und Bernd mit Discus fliegen teammäßig zusammen, Christoph und Christian, beide mit LS 8, ebenfalls. Im Debriefing waren alle mit den Leistungen zufrieden. Leider war es nur ein Trainingstag. Die Verbrüderung der Rückholer macht rasante Fortschritte. Lauter erfahrene Väter, Mütter, Opas, Ehefrauen und Freundinnen.

22.7.2001

Morgens bedeckter Himmel, nur im Osten noch ein heller Streifen. Im Briefing zeigt der Meteorologe bereits Zuversicht und empfiehlt ein Dreieck über 377 km. Ab 11 Uhr tatsächlich blauer Himmel, flache Wölkchen Richtung Thüringer Wald. Da muß Wasser in den Discus, 5 Kanister, also 100 Liter. Oder fasst jeder Kanister doch 30 Liter?
Warten am Start. AX ist in der letzten Reihe. Die Zeit läuft bis zur Feigabe der Startlinie. Die 4 Standard-Bayern fliegen nicht sofort ab. Unterwegs bis zu 3 m/s integriert. Ausbreitungen und Abschwächungen auf dem Heimweg. Christian ist deutlich vorn, fliegt weiter voraus –und landet auf einer Wiese. Die anderen finden dann doch noch schwache Thermik für den Heimflug. Der Anflug geht vom Wendepunkt im Westen über einen Kontrollpunkt 4 km östlich des Platzes zur Ziellinie und zur Landung. Die Anflüge sind somit gut zu beobachten und erfolgen mit bescheidener Geschwindigkeit. Die Auswertung der Logger bringt schnelle Ergebnisse. Mittags Besuch von Familie Z. aus Leipzig. Von Guntram erfährt man so manche organisatorische Groteske aus der Zeit des DDR-Segelflugs. Allgemeine Anerkennung für den lockeren und zielgerichteten Ablauf des Wettbewerbs.. Abends lange Diskussionen über die möglichen Entscheidungen während des Fluges. Man möchte die Chancen des Teamfliegens nutzen und die Strategiemuster weiter optimieren. Langes Palaver im Bayernzelt. Aber nach der Anstrengung des Tages war der Zeltplatz erfreulich ruhig.

23.7.2001

Wieder großes Dreieck über 450 km. Heftiges Wassereinfüllen. Durch Diskussion am Wasserhahn wurde immer klarer, dass jeder unserer „20 Liter Kanister“ eigentlich 30 Liter fasst. Das hat Alex zwar längst gewusst, aber er wollte halt vermeiden, dass mir allzu bald bewusst wird, wie schwer die Kanister tatsächlich sind. Die Strecke von Bad Neustadt nach Weiden ist sehr schnell, dagegen ist die Endanflughöhe schwer zu erreichen. Alex ist gut dabei. Einige Außenlandungen. Christian ist am 3. Tagesplatz, was für die gute Stimmung der Bayern garantiert.

24.7.2001

Heute hat Alex Geburtstag Nr. 20. Die Stimmung beim Morgenkaffe im Bayernzelt ist ausgesprochen herzlich. Clemens besorgt sogar eine Torte. Erstmals zeigt sich morgens nur ein dünner Wolkenschirm. Es wird sehr heiß werden. Der Meteorologe hatte die Luftmassengrenzen im Osten und Westen bestens eingeschätzt. Die Area Task ermöglicht Flexibilität bei der eigenen Wahl der Wendepunkte. AX ist wieder bestens dabei. Die dreieinhalb Stunden Flugzeit wird er optimal nutzen. Nach dem Abflug der Meute ist Tanken und Einkaufen angesagt. Ich sitze beim Friseur, als das Handy klingelt. Nahe am Herzschlag! Aber es ist nicht Alex „aux vaches“, sondern Katharina mit der Frage, ob ihr Besuch hier willkommen ist. Selbstverständlich! Und wie!
Nach dem Abrüsten gibt es Eisbecher. Abends Debriefing im Bayernzelt mit OLC-Dateien auf dem PC.

25.7.2001

Wieder großes Wetter mit 150 Liter Wasser im Discus. Alex liegt in der Gesamtwertung auf Platz 10. Das Fliegen im Team funktioniert immer noch nicht recht. Am Zeltplatz ist nicht immer genug Ruhe. Bis 2 Uhr nachts Palaver und halblaute Fröhlichkeit. Rotwein! Ob da auch Piloten dabei sind oder nur die unterforderten Rückholer?

26.7.2001

Briefing schon um 10 Uhr. Richie strahlt schon wieder und verspricht echt schnelles Wetter. Er will Außenlandungen vermeiden helfen und empfiehlt Cats Craddle über dreieinhalb Stunden. Im ganzen Luftraum sind Wettbewerbsflugzeuge, beispielsweise die in Bayreuth gestarteten. Alex fliegt nach dem Pflichtwendepunkt Plauen zum Thüringer Wald. Vor dem Start interessantes Gespräch mit Richie über einen Meteorologielehrgang seines Instituts nächstes Jahr in Coburg. Er stellt eine Einladung in Aussicht! Nachmittags sitzen Kath und ich beim Eisbecher. Richie sitzt beim Bier und liest mein Buch. Was wird der Fachmann schließlich dazu sagen?
Alex kommt just in time mit hoher Streckenleistung zurück. Er war einfach locker und zuversichtlich. Auch der erfahrene Alexologe kann sich kaum an so viel erkennbare Fröhlichkeit bei unserem Piloten vor, während und nach dem Flug erinnern.
Die Wettbewerbsleitung kündigt auch für morgen einen Wertungstag an. Briefing und Aufstellung noch früher. Die Hitze am Zeltplatz wird mir jetzt zu viel. Abends findet ein Bergfest mit Freibier statt. Wer wird heute seine fliegerische Kondition aufs Spiel setzen?

28.7.2001

Der heißeste Tag. Beim Abflug nach Norden ist es noch blau. Alex fliegt eigenen Weg mit relativ großer Abweichung vom Kurs. Endanflug vom Thüringer Wald. Christian Mäx mit Tagessieg. Alex auf dem 5. Tagesplatz. Bernd landet draußen. Diesbezüglich verwöhnt mich Alex.

29.7.2001

Ruhetag! Leichte Abkühlung. Alex, Kath und ich unternehmen eine Kulturfahrt nach Weimar. Vor dem Schlossmuseum erhebt sich die Frage, ob ein Besuch der Erholung dient. Wurde von mir „autoritär“ mit ja beantwortet. Wanderung durch die Stadt, Mittagessen in aller Gemütsruhe und dann ein Spaziergang zu Goethes Gartenhaus. Beste Stimmung, ein unvergesslicher Tag. Um 15 Uhr bringen wir Kath zur Bahn. Bei der Heimfahrt betretenes Schweigen. Wir vermissen ihre strahlende Herzlichkeit.
Am Flugplatz haben Clemens und Christoph Zahn ihren neugebauten Habicht aufgebaut. Christoph kurbelt schließlich bis 1700mNN und zaubert ein klassisches Kunstflugprogramm in den Himmel. Die Technik des Geräts und die beispielhafte Sorgfalt der Ausführung können nur begeistern. Respekt und Gratulation!
Heute bleibt natürlich bei Chef Clemens die Küche kalt. Ein Anlass darüber nachzudenken, wie gut es uns im Bayernzelt geht. Danke!

30.7.2001

An die Wettbewerbsleiterin Uschi ein Buch verschenkt mit Widmung von AX und MD. Der Meteorologe verspricht Wolken mit Basis über 2000mGND.Die Standardklasse steht im zweiten Block mit 415 km Aufgabe. Der Start verzögert sich wegen der spitzköpfigen Blauthermik. Wieder Bangen ums Heimkommen. MO landet in Laucha, Rückschlepp. Eisbecher heute mit Richie bei einer interessanten Meteodiskussion.
Haben die Piloten bereits mit Problemen der körperlichen oder mentalen Kondition zu kämpfen?

31.7.2001

Nachricht vom Zusammenstoß beim Wettbewerb in Bayreuth. Betroffenheit, Trauer und Nachdenklichkeit. Es werden 400 km ausgeschrieben. Feuchtes Wetter, unterschiedliche Basis, am Platz Gewitter. Rückholung von AX aus Kronach. Die Hälfte der Standardklasse kommt heim. Hoher Punktverlust. Christoph fehlen beim Anflug ein paar Meter, weshalb er abdrehen und im Tal landen muß.

1.8.2001

Eine Front ist nachts um 2 Uhr durchgegangen. Jetzt ist eine Basishöhe von 1800mGND versprochen. Beim Start ist noch wenig Aufwind im Gewölk zu finden. Abflug frei um halbzwei. Jetzt sind schon deutliche Aufwindreihungen zu sehen. Im Angebot ist ein Dreieck nach Süden über 420 km. Alex, Christoph und Christian kommen mit weiteren 4 Piloten nach Hause. Alex hat die Außenlandung vom Vortag offenbar gut überwunden.
Die Helferinnen und Helfer von Jena sind ausgesprochen präsent, hilfsbereit und freundlich. Heute Eisbecher mit Nicole. Es ist eine riesige Freude, wie sie von ihrer Begeisterung für das Segelfliegen spricht.

2.8.2001

Letzter Tag. Cirren, Stabil. Der Meteorologe verspricht: Heute ist kein Regen zu befürchten. Aufstellen der Flugzeuge wie immer und dann geordneter Rückzug und Verpacken der Flugzeuge. Abends Abschlussparty mit Bedankemichreden. Es gibt genügend zu Essen und sogenannte Musik in Superlautstärke. Eine Delikatesse für Schwerhörige.

3.8.2001

Heimfahrt über Donauwörth, wo Andi und Michael beim Lima-Lehrgang sind. Man lässt mich erst weiterfahren, nachdem ich einen Vortrag über mein Buch-Thema gehalten habe. Jetzt wächst die Vorfreude auf den Fliegerulaub in Barcelonnette beträchtlich. Man will ja nicht nur zuschauen, sondern auch wieder einmal selber fliegen.

PS: Alex hat viel Erfahrung gesammelt und gegen hervorragende Konkurrenten den 11. Platz belegt. Er hat sich als Pilot und Persönlichkeit Achtung erworben. Meinen herzlichen Glückwunsch!
Wir hatten die Freude, unsere Freunde zu treffen und nette Menschen kennen zu lernen. Die Wettbewerbspiloten waren bestens vorbereitet und zeigten durchwegs hohe Professionalität. Mit solchen Menschen ist die Zusammenarbeit äußerst angenehm. Ob ich mich als Helfer bewährt habe, ob ich die nötige Zurückhaltung und Übersicht gezeigt habe? Direkt fragen will ich da nicht, aber es steht ja wieder einmal ein Wettbewerb an.

Martin (Fridolin) Dinges